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21st Juli 2017

Ein Jahr Rücknahmepflicht – Totalversagen des Handels auf ganzer Linie

Auf der gestrigen (20.07.2017) Pressekonferenz in Berlin gab die Deutsche Umwelthilfe Ihre Testergebnisse zur Rücknahmeverpflichtung stationärer Händler in Deutschland bekannt. Getestet wurden deutschlandweit 25 Warenhäuser, Elektrofach-, Möbel- und Baumärkte. Die Ergebnisse sind ernüchternd.

 

Pro Jahr werden ca. 1,7 Millionen Tonnen Elektrogeräte auf den deutschen Markt gebracht. Im Jahr 2016 wurden davon nur ca. 70.000 Tonnen vom Handel wieder zurückgenommen. Insgesamt liegen wir insgesamt bei einer Rücknahmequote von 40%. Laut DUH ist dies nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“ und wird nicht dazu führen, dass wir unsere Rücknahmeziele von 65% in 2019 erreichen werden. Es müsse einen Quantensprung im Handel geben, damit die Sammelziele erreicht werden, so Thomas Fischer.

Deshalb fordert Barbara Metz, „dass die 400 m2 Grenze fällt und alle Händler ab einer Gesamtverkaufsfläche von 100m2 in die Pflicht genommen werden“. Somit könnten Verbraucher einfacher erkennen, welche Händler verpflichtet sind und in der Konsequenz ihre Elektroaltgeräte bei eben jenen abgeben. Außerdem fordert sie eine genauere gesetzliche Formulierung zur Informationspflicht von Verbrauchern. Aktuell steht es Vertreibern offen, wo, in welcher Größe und in welchem Umfang sie Informationen zur gesetzlichen Rücknahme erbringen.

Da die Bundesländer aktuell Unternehmen nicht auf ihre ElektroG-Konformität kontrollieren würden, empfiehlt die DUH, die Kontrollen dem Umweltbundesamt zu übertragen und Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten.

 

Testergebnisse dieses Jahr – Kaum deutliche Besserung zu spüren

Mehrere ausgebildete Testbesucher testeten, im Auftrag der DUH, in wie weit sich der Handel an die gesetzlichen Rahmenbedingungen des ElektroG hält und die geforderte Informationspflicht umsetzt. Der Kern der Tests zielte auf die Lesbarkeit, den Umfang der Kundeninformationen und natürlich die tatsächliche Rücknahme von alten Klein- und Großgeräten.  In einem gesonderten Test wurde die Rücknahme von Energiesparlampen überprüft.

Insgesamt wurden deutliche Verbesserungen zum letzten Jahr festgestellt, jedoch war dies auch nicht schwer, „denn viel schlechter als im letzten Jahr konnte es nicht werden“, stellte Herr Fischer ernüchtert fest. Insgesamt sei die Rücknahme noch sehr verbraucherunfreundlich und bewege sich auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Palette an Vergehen der Händler ist vielseitig: von keinen zur Verfügung stehenden Informationen über Falschinformationen bis hin zu Rücknahmeverweigerung.

Schlusslichter des Tests bilden Sconto, Conrad Electronic, Galeria Kaufhof und Obi.

Positivbeispiele für die Umsetzung des ElektroG durch den Handel „ohne größere wirtschaftliche Nachteile“ bieten: Globus Baumarkt, Medimax und Hellweg.

1/3 der getesteten Händler erschwerte oder verweigerte die Rücknahme von kleinen Elektronikgeräten. In Bezug auf die großen Elektrogeräte wurden die gesetzlichen Verpflichtungen überwiegend umgesetzt. Nur Real und XXXL Möbelhaus verweigerten die Rücknahme von Elektrogroßgeräten. Negativ fielen auch Händler auf, welche die Rücknahme von Großgeräten mit Tricks erschwere, indem Altgeräte nur ab der Bordsteinkante oder generell kostenpflichtig abgeholt werden würden.

Hinsichtlich der Energiesparlampen haben Apple, Saturn und Mediamarkt die Rücknahme verweigert. Dies sieht die DUH als Hinweis für mangelnde oder schlechte Mitarbeiterschulungen. Viele Mitarbeiter wüssten gar nicht, dass Energiesparlampen unter das ElektroG fallen.

Das größte Problem sei insgesamt gesehen die Verbraucherinformation. Bei über der Hälfte der getesteten Märkte waren kaum bis gar keine Verbraucherinformationen vorzufinden.

Der Fall Ikea

Ikea besteht bis heute darauf, dass die alleinige Aufführung von Informationen zur Rücknahmen von Elektroaltgeräten auf der Webseite reiche und erschwert weiterhin die Rücknahme. 20% der Deutschen verfügen über keinen Internetzugang und könnten sich folglich nicht über die Rücknahmemöglichkeiten bei Ikea informieren. Die DUH verklagte Ikea daraufhin. Mitte August wird das Urteil bekannt gegeben.

Selbst(ein)überschätzung des Handels

Handelsverbände wurden zur aktuellen Situation befragt und sehen sich in der Opferrolle. Sie seien keine Schrotthändler und sehen die Kommunen in der Zuständigkeit für Elektrogeräterücknahmen. Außerdem sehen sie das mickrige Sammelergebnis als Beweis dafür, dass die Rücknahmeverpflichtung der Händler gescheitert sei. „An Dreistigkeit kaum zu überbieten“, findet der DUH. Denn das Problem bestünde in der mangelnden Verbraucherinformation und dem aktiven Erschweren der Altgeräterückgabe. Wissen Verbraucher nicht, dass sie Elektroaltgeräte abgeben können, nehmen Sie dies auch nicht in Anspruch.

Sorgenkind Onlinehandel

Aus Sicht der DUH liefert der Onlinehandel keinen ernstzunehmenden Beitrag zur Sammlung von Elektroaltgeräten und wird als „Sorgenkind“ deklariert. Während der stationäre Handel nur zögerlich seiner Rücknahmepflicht nachkommt, „zieht sich der Onlinehandel komplett aus der Verantwortung “ so Metz und fordert eine finanzielle Beteiligung der Onlinehändler bei der Schaffung eines stationären Rücknahmenetzwerkes.

Wie geht es weiter?

Nun erhalten die Händler die Möglichkeit, ihre Fehler auszubessern. Wenn keine Besserung festgestellt wird, wird die DUH rechtliche Schritte einleiten.

Nachdem der stationäre Handel geprüft wurde, folgen die gleichen Tests für den Onlinehandel.

Onlinehändler, die über eine Versand- bzw. Regalfläche von über 400m2 verfügen (dies gilt auch für Teilnehmer des FBA Programms) und Erstinverkehrbringer von Elektrogeräten auf den deutschen Markt, müssen mit Kontrollen rechnen. Kontrolliert werden können:

Verbraucherinformationen: Sind sie gut sichtbar auf der Webseite angebracht. Sind alle notwendigen Informationen vorhanden. Eine Erwähnung nur im Impressum reicht nicht aus.

Außerdem wird getestet, ob eine Altgeräterücknahme für kleine Elektrogeräte und für Großgeräte beim Kauf eines Neugerätes möglich ist.

Falls Sie Unterstützung bei der Umsetzung der ElektroG-Richtlinien in Ihrem Onlineshop oder in Ihrem Geschäft brauchen. Können Sie uns jederzeit kontaktieren.

 

Ergebnisse der Testkäufe aus dem Jahr 2016

 

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